Hausflurnutzung – was geht und was nicht
Ausrangierte Grünpflanzen, müffelnde Schuhe
Einen Lattenzaun, 1,80 Meter hoch, hatte
ein Vermieter im Treppenhaus errichtet. Damit wollte er einen Mieter davon
abhalten, die Fenster im Flur zu schließen. So etwas Kurioses werden die
wenigsten Bewohner von Mehrfamilienhäusern in ihrem Hausflur vorfinden, wohl
aber eine Menge anderer Dinge: Die einen parken dort ihre Fahrräder,
Rollatoren oder Kinderwagen, die anderen stellen ausrangierte Grünpflanzen,
Müllsäcke oder müffelnde Schuhe ab.
Oft müssen Gerichte entscheiden
Dass das manchen Nachbarn aufstößt, ist
nicht sonderlich überraschend. Finden die Beteiligten keine für alle zufriedenstellende
Lösung, müssen meist Gerichte entscheiden. Die Urteile sind zwar weder für
andere Vermieter und Mieter noch für andere Richter rechtsverbindlich, sie
lassen aber eine Tendenz der Rechtsprechung erkennen.
Frische Luft, kalte Wohnung
Zugang zum Fenster versperrt.
Den kuriosen Fall um den
Lattenzaun im Treppenhaus musste das Amtsgericht Elmshorn im Jahr 2013
verhandeln (Az. 51 C 180/12). In dem Mietshaus mit vier Parteien lebte der
Mieter schon seit über 30 Jahren. Sein Nachbar und der Vermieter wollten das
Treppenhaus täglich mehrere Stunden lüften. Der Mieter aber war strikt
dagegen. Seine Wohnungstür sei undicht, erklärte er, deshalb kühle seine
Wohnung aus, wenn Fenster im Treppenhaus lange offen stünden.
Zaun muss weg.
Der
Streit zog sich über mehrere Monate, bis der Vermieter den Gartenzaun im Flur
errichtete. Dieser versperrte dem Mieter den Zugang zu den Fenstern. Dagegen
wehrte er sich vor Gericht. Und das gab ihm recht: Der Vermieter habe das mietvertragliche
Mitbenutzungsrecht des Mieters am Treppenhaus verletzt, indem er den Zaun
installiert hatte. Der Zaun musste weg.
Brandschutz steht an erster Stelle
Grundsätzlich gilt: Das Treppenhaus
ist eine Gemeinschaftsfläche aller Mietparteien. Außerdem sind Flure und
Aufgänge hauptsächlich dazu da, innerhalb des Gebäudes von A nach B zu
gelangen. Um harmonisch miteinander zu leben, sollten Hausbewohner alles
unterlassen, was andere beeinträchtigt, gefährdet oder stört. Darüber hinaus
müssen Mieter in jedem Fall gesetzliche Vorgaben befolgen. Diese beziehen sich
vor allem auf den Brandschutz. Die Bauordnungen der Bundesländer regeln, wie
ein Treppenhaus beschaffen sein muss, damit die Feuerwehr im Falle eines
Feuers alles tun kann, um Bewohner zu retten und die Flammen zu löschen.
Auf Flucht- und Rettungswege achten
Gegenstände im Hausflur dürfen daher
weder Flucht- und Rettungswege versperren noch im Notfall Lösch- und Rettungsarbeiten
behindern. Wenn Bewohner schnell fliehen müssen, behindern sie abgestellte
Möbel oder Fahrräder zum einen unnötig. Zum anderen können Gegenstände selbst
Feuer fangen und gefährliche Gase freisetzen, die zu Kohlenmonoxidvergiftungen
führen können.
Vermieter können Regeln festlegen
Wie Mieterinnen und Mieter das Treppenhaus nutzen dürfen, finden sie oft
in ihrem Mietvertrag oder in einer Hausordnung, falls diese Teil ihres Mietvertrags
ist. Vermieter legen auf diesem Wege fest, was erlaubt und was verboten ist.
Nicht nur sie können fordern, dass die Regeln eingehalten werden, sondern auch
alle Mieter im Haus.
Globale Verbote unzulässig.
Doch nicht jedes Verbot ist gültig. Dem
Landgericht Hamburg zufolge sind Regeln unzulässig, die „das Aufstellen von
Gegenständen jeglicher Art, insbesondere von Fahrrädern, Kinderwagen,
Rollern usw. auf Vorplätzen, Gängen, Treppenhausabsätzen und Trockenböden“ ausnahmslos
untersagen (Az. 316 S 110/91). Hausordnungen werden als Bestandteil des Mietvertrags
wie allgemeine Geschäftsbedingungen behandelt. Sie dürfen keine Regeln
enthalten, die Bewohner unangemessen benachteiligen.
Wenn es keine Alternativen gibt.
Ein Verbot, das keinerlei Ausnahmen zulässt, wäre eine solche Benachteiligung.
Sind Mieter auf bestimmte Gegenstände angewiesen, beispielsweise einen Rollstuhl
oder einen Kinderwagen, können sie diese daher auch dann im Flur abstellen,
wenn die Hausordnung etwas anderes festlegt. Das gilt aber nur, wenn dieser
groß genug ist und es keinen anderen Abstellplatz gibt, der gut erreichbar
ist, zum Beispiel per Fahrstuhl.
Bei Verstoß sogar Kündigung möglich
Wenn sich Bewohner eines Mietshauses
partout nicht an rechtlich zulässige Ge- und Verbote im Mietvertrag
beziehungsweise in der Hausordnung halten, müssen sie mit Folgen rechnen.
Vermieter können die Quertreiber abmahnen. Außerdem können Vermieter die Mieter
auffordern, innerhalb einer festgelegten Frist die nicht erlaubten Gegenstände
aus dem Treppenhaus oder Hausflur zu entfernen. Kommen die Bewohner dem nicht
nach, droht ihnen sogar die Kündigung des Mietvertrags. Das gilt insbesondere
dann, wenn ihr Krempel andere Mietparteien dabei behindert, den Hausflur zu
nutzen.
So urteilen Gerichte
Kinderwagen sind oft erlaubt, Schuhe nicht
Kinderwagen. Mieter dürfen ihre Kinderwagen im
Hausflur abstellen, wenn dieser breit genug ist und das Gefährt Fluchtwege
nicht versperrt (Bundesgerichtshof, Az. V ZR 46/06). Das gilt sogar dann,
wenn Mietvertrag oder Hausordnung ein pauschales Verbot enthalten. Solche
Klauseln sind in der Regel unwirksam (Landgericht Berlin, Az. 63 S 487/08).
Das trifft vor allem dann zu, wenn Eltern keine andere Abstellmöglichkeit im
Haus haben und es auch keinen Fahrstuhl zum Transport gibt. So hat es auch
das Oberlandesgericht Hamm für eine Wohnungseigentümergemeinschaft
entschieden (Az. 15 W 444/00). Eltern dürfen den Kinderwagen allerdings nicht
im Flur anschließen, etwa am Geländer (Landgericht Berlin Az. 63 S 487/08).
Nachbarn müssen ihn bewegen können, um zum Beispiel größere Möbel transportieren
zu können oder im Notfall Rettungswege frei zu machen.
Rollstuhl oder Rollator. Auch Gehhilfen dürfen im Treppenhaus
abgestellt werden – aber möglichst platzsparend, etwa zusammengeklappt. Die
Gehhilfe darf andere Bewohner nicht dabei behindern, den Hausflur zu nutzen
(Landgericht Hannover, Az. 20 S 39/05 und etwa Amtsgericht Recklinghausen,
Az. 56 C 98/13).
Schuhe. Das Abstellen von Schuhen vor der
Tür ist in der Regel nicht erlaubt. Nur bei schlechtem Wetter und vorübergehend
dürfen Hausbewohner ihre nassen Treter im Flur lassen (Oberlandesgericht
Hamm, Az. 15 Wx 168/88). Auch Schuhschränke oder andere Möbelstücke gehören
nicht ins Treppenhaus (Oberlandesgericht München, Az. 34 W 160/05 und Landgericht
Köln, Az. 10 S 99/16). Manche Amtsgerichte lassen jedoch kleine Schränke zu,
sofern sie die Nachbarn nicht behindern (etwa Amtsgericht Köln, Az. 222 C
426/00 und Amtsgericht Herne, Az. 20 C 67/13).
Fahrräder. Die Hausordnung oder der Mietvertrag
können verbieten, Fahrräder ins Treppenhaus zu stellen. Das ist zulässig,
sofern eine alternative Abstellmöglichkeit zugänglich ist, zum Beispiel ein
Fahrradkeller (Landgericht Hannover, Az. 20 S 39/05). Die Hausordnung kann
auch untersagen, das Fahrrad in die eigene Wohnung zu transportieren (Landgericht
München, Az. 36 S 3100/17 WEG).
Dekoration. Wohnungstüren werden in der
Oster- und Weihnachtszeit traditionell dekoriert. Sofern dies niemanden beim
Durchgehen behindert, ist es erlaubt (Landgericht Düsseldorf, Az. 25 T
500/89 und Landgericht Hamburg, Az. 333 S 11/15). Schwieriger wird es bei
Pflanzen oder Bildern. Die Gerichte haben hier keine einheitliche Linie und
entscheiden nach den Umständen des Einzelfalles.
Müll. Müll gehört nicht in den Hausflur, nur
ganz kurz kann er dort gelagert werden (Oberlandesgericht Düsseldorf, Az. 3
Wx 88/96). Wer seinen Hausmüll oder anderen Unrat regelmäßig im Treppenhaus
abstellt, kann vom Vermieter abgemahnt und sogar gekündigt werden.